Überraschenderweise haben sich die Weinlieferungen aus Ländern der Europäischen Union (EU) nach Russland im Juli 2024 im Vergleich zum Juni fast verdoppelt, wie aus Daten von RIA Novosti unter Berufung auf Eurostat hervorgeht.
Im Juli wurden insgesamt 12.100 Tonnen Wein auf den russischen Markt exportiert, was trotz der anhaltenden politischen und handelspolitischen Schwierigkeiten zwischen der EU und Russland einen deutlichen Anstieg der Importe bedeutet.
Anstieg der europäischen Weinexporte
Alle wichtigen europäischen Weinexportländer trugen zu diesem Anstieg bei. Spanien verzeichnete den deutlichsten Zuwachs mit einer Steigerung seiner Weinexporte um das 2,4-Fache im Vergleich zum Vormonat auf 980 Tonnen. Lettland folgte dicht dahinter mit einem Exportplus um das 2,2-Fache auf 1.400 Tonnen. Auch andere führende Weinproduzenten wie Italien, Portugal und Deutschland konnten ein signifikantes Wachstum verzeichnen. Italien exportierte 4.900 Tonnen Wein, Portugal 1.300 Tonnen und Deutschland 800 Tonnen – eine nahezu Verdopplung ihrer jeweiligen Exporte im Vergleich zum Juni.
Schaumwein führt den Trend an
Während das Gesamtvolumen der europäischen Weinexporte zunahm, verzeichneten Schaumweine das stärkste Wachstum. Die Exporte europäischer Schaumweine nach Russland stiegen um das 2,4-Fache und übertrafen damit andere Weinsorten, deren Exporte um das 1,8-Fache zunahmen. Dieser Nachfrageanstieg bei Schaumweinen spiegelt veränderte Konsumgewohnheiten in Russland wider, wo Premiumweine und Getränke für festliche Anlässe trotz der wirtschaftlichen Herausforderungen des Landes immer beliebter werden.
Regulatorische Änderungen verlangsamen die Importe
Der Anstieg der Weinimporte fällt mit einer verschärften behördlichen Kontrolle durch den russischen Föderalen Zolldienst (FCS) zusammen, der im Frühjahr 2024 neue Anforderungen an die Dokumentation importierter Weine eingeführt hat. Diese Bestimmungen haben zu erheblichen Verzögerungen bei der Zollabfertigung geführt und beeinflussen die Zeit bis zur Markteinführung von Wein.
Die verstärkten Kontrollen sind Teil einer umfassenderen Initiative der russischen Behörden zur Bekämpfung des Imports minderwertiger Weine, die oft als „Schmurdjak“ bezeichnet werden – ein abwertender Begriff für billigen Massenwein. Die russische Regierung befindet sich in einem Streit darüber, wie diese Importe reguliert werden sollen. Ziel der Behörden ist es, die Verbraucher vor minderwertigen Produkten zu schützen und gleichzeitig sicherzustellen, dass weiterhin hochwertige Weine auf den Markt gelangen.
Auswirkungen auf den russischen Weinmarkt
Die Verdopplung der europäischen Weinimporte nach Russland fällt in eine Zeit sich wandelnder Verbraucherpräferenzen und wirtschaftlicher Unsicherheit. Trotz regulatorischer Herausforderungen wächst die russische Nachfrage nach europäischen Weinen – insbesondere nach Schaumweinen – weiter. Dieser Trend ist bemerkenswert angesichts der angespannten Beziehungen zwischen der EU und Russland sowie der allgemeinen Erwartung, dass der Handel zwischen beiden aufgrund politischer und wirtschaftlicher Sanktionen zurückgehen würde.
Da europäische Importeure weiterhin bereit sind, die strengeren Zollkontrollen in Kauf zu nehmen, bleibt Russland ein wichtiger Markt für EU-Weinproduzenten. Dieses Wachstum unterstreicht auch Russlands Abhängigkeit von europäischem Wein, trotz der Bemühungen der letzten Jahre, die heimische Weinproduktion zu fördern.
Die Rolle von „Shmurdyak“ bei regulatorischen Veränderungen
Das Vorgehen gegen „Schmurdjak“ war ein Schlüsselfaktor für die Gestaltung der russischen Weinimportpolitik. Die russischen Behörden sind zunehmend besorgt über die steigende Menge an minderwertigem Wein auf dem Markt, der ihrer Ansicht nach sowohl die heimischen Produzenten als auch den Ruf hochwertiger Importweine untergräbt. Als Reaktion darauf führte der Föderale Zolldienst strengere Regeln zur Überprüfung von Herkunft, Qualität und korrekter Etikettierung importierter Weine ein.
Diese Änderungen, die zwar die Bearbeitungszeiten verlängerten, scheinen die Gesamtimportmengen kaum beeinflusst zu haben. Der anhaltende Zustrom europäischer Weine deutet darauf hin, dass Verbraucher bereit sind, für Qualitätsprodukte einen höheren Preis zu zahlen, und europäische Erzeuger weiterhin bestrebt sind, diese Nachfrage zu befriedigen.
Aussichten für europäische Weine in Russland
Der deutliche Anstieg der europäischen Weinexporte nach Russland im Juli könnte einen breiteren Trend in den kommenden Monaten einläuten, vorausgesetzt, die Importeure können sich weiterhin im zunehmend komplexen regulatorischen Umfeld zurechtfinden. Angesichts der steigenden Nachfrage nach Premium- und Schaumweinen bietet sich europäischen Erzeugern die Chance, ihre Präsenz auf dem russischen Markt weiter zu festigen.
Quelle: Gazeta.ru