In den letzten Jahren musste sich die italienische Weinindustrie in einem komplexen Geflecht aus Klimaveränderungen, wirtschaftlichen Unsicherheiten und sich wandelnden Verbrauchergewohnheiten zurechtfinden.
Als einer der größten Weinproduzenten weltweit, abwechselnd mit Frankreich an der Spitze, wird die Dynamik des italienischen Weinbaus von einer Vielzahl miteinander verwobener interner und externer Faktoren beeinflusst. Die Analyse der Produktionsmengen, der Rebfläche und der regionalen Veränderungen ermöglicht es, die differenzierten Reaktionen des italienischen Weinsektors auf diese Herausforderungen zu erkennen.
Produktionsmengen: Eine stabile und doch sich verändernde Landschaft
Die italienische Weinernte lag in den letzten fünf Jahren im Durchschnitt bei rund 47 Millionen Hektolitern, wobei der Großteil davon auf Weine mit geschützter Ursprungsbezeichnung (g.U.) und geschützter geografischer Angabe (g.g.A.) entfällt. Ob diese Menge in einem sich wandelnden Markt „zu viel“ ist, lässt sich schwer beurteilen, doch die Lage ist alles andere als statisch. Der Weinkonsum ist rückläufig, vor allem aufgrund allgemeiner wirtschaftlicher Belastungen wie Inflation, Wirtschaftskrisen und sogar globaler Konflikte wie Kriege, die das verfügbare Einkommen und das Kaufverhalten beeinflusst haben.
Hinter diesen unmittelbaren Sorgen verbergen sich jedoch langfristige Trends, die auf einen zunehmenden Trend zu gesundheitsbewusstem Konsum hindeuten. Da Verbraucher einen gesünderen Lebensstil anstreben, verzeichnet Wein, der oft als Genussmittel galt, einen zwar langsameren, aber stetigen Rückgang der Gesamtnachfrage. Dieser Widerspruch zwischen der derzeit hohen Produktion und der sinkenden Nachfrage hat in ganz Europa, insbesondere in Italien, Diskussionen über eine Umstrukturierung des Weinbaus angestoßen. Dort wird bereits öffentlich über die Möglichkeit der Rodung von Weinbergen diskutiert, um sich dem veränderten Markt anzupassen.
Rodung von Weinbergen: Ein europäisches und italienisches Dilemma
Länder wie Frankreich, Australien und Kalifornien haben bereits begonnen, Pläne zur Rodung von Weinbergen umzusetzen, sei es freiwillig oder mit staatlichen Subventionen. In Italien, wo der Weinbau nach wie vor ein zentraler Bestandteil der landwirtschaftlichen und kulturellen Identität ist, steht die Diskussion um die Rodung noch am Anfang. Im Mittelpunkt der Debatten steht die Frage der „endgültigen Rodung“ versus „vorübergehender“ Maßnahmen, die jedoch noch auf EU-Ebene geregelt werden müssen. Derzeit erlaubt die EU-Verordnung für Neuanpflanzungen lediglich eine Erhöhung von 1 % pro Jahr und Mitgliedsland – eine unzureichende Antwort auf die umfassenderen systemischen Herausforderungen.
In Italien ist die Rebfläche bereits deutlich zurückgegangen, und zwar um 15 Prozent, von 792.440 Hektar im Jahr 2000 auf 675.135 Hektar im Jahr 2023. Den niedrigsten Stand verzeichnete das Jahr 2015 mit nur 637.634 Hektar Rebfläche. Eine moderate Erholung seither führte jedoch zu einem Anstieg von 4,9 Prozent in den letzten acht Jahren. Der Gesamttrend deutet dennoch auf eine selektivere, regionalere Umverteilung der Rebflächen hin, insbesondere als Reaktion auf schwankende Produktionskosten und Marktnachfrage.
Regionale Verschiebungen: Venetien, Friaul-Julisch Venetien und Trentino-Südtirol sind führend
Ein bedeutender Trend in Italiens Weinbau ist die Konzentration der Produktion in bestimmten nördlichen Regionen, insbesondere in Venetien, Friaul-Julisch Venetien und Trentino-Südtirol. In diesen Gebieten hat sich die Rebfläche seit der Jahrhundertwende um 37 % vergrößert, was unter anderem auf den internationalen Erfolg von Rebsorten wie Pinot Grigio und Schaumweinen der Herkunftsbezeichnung Glera (z. B. Prosecco) zurückzuführen ist. Der Erfolg dieser Regionen, die für ihr kühleres, gemäßigteres Klima bekannt sind, steht im deutlichen Gegensatz zu den Schwierigkeiten der südlichen Regionen, wo die Ertragsstabilität zunehmend durch Probleme wie Dürre und steigende Produktionskosten bedroht ist.
Im Gegensatz zum Wachstum im Nordosten Italiens verzeichneten die zentralen und südlichen Regionen einen deutlicheren Rückgang der Rebfläche. So sanken die Anbauflächen in Regionen wie Apulien, Marken, Sardinien und Sizilien um 15 bis 30 Prozent, während einige Regionen, insbesondere Kampanien, Latium und Ligurien, sogar noch stärkere Rückgänge von über 30 Prozent hinnehmen mussten. Diese Rückgänge sind auf eine Kombination aus klimatischen Herausforderungen wie steigenden Temperaturen und zunehmender Dürre sowie strukturellen Problemen wie hohen Produktionskosten und Schwierigkeiten bei der Anpassung an veränderte Marktanforderungen zurückzuführen.
Interregionale Transfers: Ein fließender Austausch von Weinbergpotenzial
Eine der wichtigsten Entwicklungen, die sich als Reaktion auf diese Herausforderungen herausgebildet haben, ist die Übertragung von Rebflächen zwischen Regionen. Zwischen 2016 und 2021 wurden rund 9.000 Hektar Rebfläche aus Regionen wie Sizilien, Latium, Umbrien und Apulien nach Venetien und Friaul-Julisch Venetien verlagert. Diese Übertragungen verdeutlichen den Versuch, Rebflächen in Gebieten zu bündeln, die sich besser für moderne Produktionsmethoden eignen, insbesondere angesichts des Klimawandels und der Marktnachfrage nach bestimmten Rebsorten.
Dieser Trend unterstreicht einen umfassenderen Wandel im italienischen Weinbau, wo Weinberge zunehmend in kühlere, höher gelegene Regionen verlagert werden, um den Auswirkungen der globalen Erwärmung entgegenzuwirken. Die geografische Flexibilität, die Italiens vielfältige Topografie bietet, hat es den Weinproduzenten ermöglicht, sich an diese veränderten Bedingungen anzupassen, auch wenn dieser Prozess noch andauert und die vollen Auswirkungen erst nach und nach sichtbar werden.
Struktur der Weinbaubetriebe und Unternehmenskonsolidierung: Der Aufstieg größerer Akteure
Neben der veränderten geografischen Verteilung der italienischen Weinberge ist die zunehmende Konzentration der Besitzverhältnisse eine weitere wichtige Entwicklung. Die durchschnittliche Rebfläche in Italien hat sich seit dem Jahr 2000 mehr als verdoppelt und ist von einem Hektar auf drei Hektar pro Unternehmen angewachsen. Diese Entwicklung deutet auf die zunehmende Konzentration des Weinbergbesitzes in den Händen größerer Firmen hin. Tatsächlich werden mittlerweile 20 % der italienischen Weinberge von Unternehmen mit über 20 Hektar Rebfläche bewirtschaftet.
Parallel zu dieser Konsolidierung hat sich ein deutlicher Trend hin zur Produktion innerhalb der Herkunftsbezeichnungen (DO) abgezeichnet. Die Rebfläche, die als DOC (Denominazione di Origine Controllata) oder DOCG (Denominazione di Origine Controllata e Garantita) klassifiziert werden kann, ist erheblich gewachsen – von 250.000 Hektar im Jahr 2000 auf über 400.000 Hektar im Jahr 2020. Dies ist eine direkte Reaktion auf die Marktnachfrage und den regulatorischen Druck, da die Erzeuger bestrebt sind, sich auf Premium-Produktkategorien zu konzentrieren, die als attraktiver für die Verbraucher und stabiler wahrgenommen werden.
Die Rolle der EU-Förderung und der Umstrukturierung von Weinbergen
Als Reaktion auf diese anhaltenden Herausforderungen hat Italien EU-Fördermittel über die Gemeinsame Marktorganisation (GMO) genutzt, um die Sanierung und den Umbau von Weinbergen zu unterstützen. Über 330.000 Hektar Weinberge wurden saniert oder umgebaut, wobei Regionen wie Sizilien (70 %), Emilia-Romagna (61 %), Toskana (52 %) und Lombardei (51 %) die größten Eingriffe verzeichneten. Diese Maßnahmen sollen die italienische Weinproduktion modernisieren und ihre Wettbewerbsfähigkeit auf internationaler Ebene stärken.
Quelle: WineNews