Russia Retail Wine 2024

Der Einzelhandel dominiert den Weinabsatz in Russland, während HoReCa ein Nischenmarkt bleibt.

In Russland ist der Einzelhandel nach wie vor der dominierende Vertriebskanal für Wein und macht über 95 % der Käufe in physischen Mengen aus.

Im Jahr 2023 wurden rund 818 Millionen Liter Wein verkauft, wovon lediglich etwa 40 Millionen Liter (4,5 %) im HoReCa-Sektor (Hotels, Restaurants und Cafés) konsumiert wurden. Während die Restaurantumsätze stabil blieben, expandierte der Gesamtmarkt deutlich, wodurch der relative Anteil des HoReCa-Sektors sank. Laut Alexander Stavtsev, Vizepräsident des Verbandes der Einzelhandelsmarktexperten, deutet der Trend für 2024 auf eine steigende Nachfrage nach Naturweinen in Restaurants hin.

Weinsortiment im Einzelhandel und Wachstum russischer Weine

Die großen Supermarktketten in Russland führen im Durchschnitt 1.448 verschiedene Weinartikel, wobei importierte Weine traditionell den Großteil ausmachen. Ihr Anteil ist jedoch von über 80 % im Jahr 2022 auf rund 75 % im Jahr 2023 gesunken, was die zunehmende Präsenz russischer Weine widerspiegelt. Ketten wie Perekrestok, Lenta, Metro und Auchan berichten von einer steigenden Nachfrage der Verbraucher nach heimischen Weinen, die auf wettbewerbsfähige Preise und eine verbesserte Produktionsqualität zurückzuführen ist.

Irina Kolosova, Einkaufsleiterin von Lenta, wies darauf hin, dass der Marktanteil russischer Weine im Jahr 2024 im Vergleich zum Vorjahr um 5 % gestiegen ist. Die Pressestelle von Auchan hob die Bemühungen hervor, russische Weine durch gezielte Kampagnen in Supermärkten, insbesondere in Südrussland, zu fördern. Vertreter von Metro betonten ebenfalls den wachsenden Ruf russischer Weingüter, der durch verbesserte Qualität und den expandierenden Weintourismus gestärkt werde.

Preissegmente und Inflationstrends

Russische Weine sind überwiegend im unteren Preissegment angesiedelt: 83 % kosten unter 1.000 Rubel pro Flasche, 15 % liegen im Bereich von 1.000 bis 3.000 Rubel und nur 2 % über 3.000 Rubel. Importierte Weine verteilen sich demgegenüber wie folgt: 56 %, 41 % bzw. 3 %. Die Weinpreise in Russland verzeichneten 2023 eine Inflationsrate von rund 15 %, beeinflusst durch höhere Einfuhrzölle, Mindestzollsätze, erhöhte Verbrauchssteuern und steigende Produktionskosten. Laut Natalia Shestak, Leiterin der Weinkategorie bei Perekrestok, waren die Auswirkungen besonders im niedrigen und mittleren Preissegment der Importweine spürbar.

Importtrends: Europa dominiert weiterhin

Trotz geopolitischer und wirtschaftlicher Veränderungen dominieren europäische Weine weiterhin die Importe. Metro bezieht Weine aus 23 Ländern, wobei Italien (21 %), Frankreich (13 %) und Spanien (10 %) die wichtigsten Lieferanten sind. Perekrestok bietet Weine aus 25 Ländern an, mit Italien (18 %) und Spanien (12 %) als führenden Anbietern. Auchan führt Weine aus 15 Ländern, wobei italienische, spanische und georgische Weine besonders gefragt sind.

Perekrestok importiert 52 % seiner ausländischen Weine selbst und liegt damit deutlich über dem Branchendurchschnitt von 28 %. Dies zeugt von einer strategischen Vorgehensweise zur Sicherstellung der Versorgung trotz erhöhter Zölle auf Weine aus Ländern, die als „unfreundlich“ gelten. Die Abhängigkeit von europäischen Weinen besteht weiterhin, obwohl die Branche begonnen hat, Alternativen aus Georgien, Argentinien und Chile zu erkunden.

Herausforderungen für die Expansion des russischen Weinbaus

Russischer Wein gewinnt zwar im Einzelhandel an Bedeutung, doch mehrere Faktoren schränken seine Expansion ein, insbesondere im Gastgewerbe. Eine große Herausforderung ist die Vertriebslogistik. Die meisten Restaurants beziehen ihren Wein über etablierte Händler, was es Weingütern erschwert, direkt in den Markt einzutreten. Hinzu kommt, dass die geringe Produktionsmenge die Verfügbarkeit von Premium- und Sub-Premium-Weinen aus Russland einschränkt und somit deren Präsenz in gehobenen Restaurants begrenzt.

Laut Igor Bukharov, Präsident des Verbandes der Gastronomen und Hoteliers Russlands, sind Anreize nötig, um russische Weine in der Gastronomie zu fördern. Vorschläge für verbindliche Quoten, die Restaurants verpflichten würden, 20 % russische Weine in ihre Weinkarten aufzunehmen, stoßen jedoch aufgrund von Lieferengpässen auf Widerstand. Derzeit machen russische Weine in vielen Restaurants nur 10 % des Angebots aus, obwohl ein stetiges Wachstum zu verzeichnen ist.

Die Rolle der Vertriebspartner

Distributoren wie Fort, LADOGA und Simple Group kontrollieren einen erheblichen Anteil des Weinabsatzes in der Gastronomie. Das Portfolio von Fort umfasst Weine aus 24 Ländern, wobei Frankreich, Italien, Spanien, Argentinien und Neuseeland die wichtigsten Lieferanten sind. Simple konzentriert sich auf Weine aus Frankreich (46 %), Italien (29 %) und Spanien (7 %), während russische Weine noch eine untergeordnete Rolle spielen. LADOGA hingegen bezieht Weine aus Georgien, Italien, Chile und Spanien und spiegelt damit einen breiteren Markttrend hin zu außereuropäischen Weinen wider.

Russische Premiumweine gewinnen zunehmend an Anerkennung, bleiben aber ein Nischenprodukt. Simple arbeitet mit neun russischen Premiumweingütern zusammen, Fort mit vier und LADOGA mit zehn. Ihre Auswahlkriterien legen Wert auf Qualität, stabile Versorgung und Marktnachfrage. Begrenzte Produktionsmengen stellen jedoch weiterhin eine große Herausforderung dar, wie Metro und Auchan betonen. Beide Unternehmen fordern daher eine kontinuierliche Verfügbarkeit und faire Preise.

Abschluss

Der Einzelhandel ist zwar nach wie vor das Rückgrat des russischen Weinabsatzes, doch die Marktlandschaft befindet sich im Wandel. Russische Weine gewinnen dank verbesserter Qualität und wettbewerbsfähiger Preise zunehmend an Bedeutung, doch bestehen weiterhin Herausforderungen in den Bereichen Vertrieb, Verbraucherwahrnehmung und Produktionskapazität. Die Gastronomie bevorzugt weiterhin importierte Weine, obwohl Nischentrends wie Naturweine an Bedeutung gewinnen. Mit strategischer Unterstützung könnte der heimische Wein seine Präsenz im Einzelhandel und in der Gastronomie ausbauen, doch nachhaltige Investitionen und Verbraucheraufklärung sind der Schlüssel zum langfristigen Erfolg.

Quelle: RBC Vino

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