Die Cognac-Region steht vor einer entscheidenden Phase, da die Weinlese in etwa zwei Wochen beginnt.
Nach über einem Monat ohne nennenswerten Regen zeigen die Weinberge deutliche Stresssymptome. Winzer und Experten setzen ihre Hoffnungen auf die für Ende der Woche vorhergesagten Schauer, doch das Wetter könnte sich als zweischneidig erweisen: Ausreichend Regen könnte zwar die Traubenerträge steigern, doch zu starke Regenfälle bergen das Risiko von Fäulnis.
Eine Region in Alarmbereitschaft
Der unabhängige Weinbauberater Pierre Forgeron, ansässig in der renommierten Appellation Grande Champagne, hat die Winzer dringend aufgefordert, aus dem Sommerurlaub zurückzukehren und ihre Keller für eine frühe Lese vorzubereiten. Einer seiner Kunden hat bereits mit der Lese auf 3,5 Hektar Folle Blanche begonnen, einer delikaten und schnell reifenden Rebsorte. Forgeron stellte fest, dass diese Trauben Ende August einen potenziellen Alkoholgehalt zwischen 8,3 % und 8,8 % erreicht und einen Säuregehalt von 7,5 g/l (ausgedrückt als Schwefelsäure) aufgewiesen hatten.
Die jüngste Hitzewelle hat zwar das Beerenwachstum eingeschränkt, die Reifung jedoch nicht beeinträchtigt. Das Ergebnis sind kleine, aber zuckerreiche Trauben, aus denen konzentrierte Weine entstehen können, die aber auch zu Volumenverlusten führen können.
Ugni Blanc Entwicklung
Am 18. August entnahm die Weinkellerei des Bureau National Interprofessionnel du Cognac (BNIC) Proben der Rebsorte Ugni Blanc – der wichtigsten Rebsorte für Cognac – aus 59 repräsentativen Weinbergparzellen. Die Ergebnisse zeigten einen durchschnittlichen potenziellen Alkoholgehalt von 7,4 Vol.-%, ein Anstieg um 1,3 Punkte gegenüber der Vorwoche. Der Säuregehalt sank jedoch deutlich auf 8,2 g/l.
Da Ugni Blanc in der Regel etwa zwei Wochen später reift als Folle Blanche, bezweifelt Forgeron, dass sich die Lese bis zum 15. September verzögern wird. Da einige Parzellen bereits am 25. August einen potenziellen Alkoholgehalt von 10 % aufweisen, rechnet er damit, dass die Lese früher beginnen könnte, und vergleicht die Situation mit frühen Jahrgängen in den Jahren 2011, 2003 und 2022.
Ausbalancieren von Zeitpunkt und Niederschlag
Laetitia Caillaud von der Landwirtschaftskammer Charente-Maritime rechnet mit einem Lesebeginn um den 8. September, rät den Winzern jedoch, bis zum 10. oder 11. September zu warten, um von den erwarteten Regenfällen zu profitieren. Sie merkt an, dass viele Weinberge seit dem 23. Juli – mit Ausnahme einzelner Gebiete wie Chenac-Saint-Seurin-d'Uzet und Rouillac – keinen Regen abbekommen haben. Junge Reben und unbewirtschaftete Parzellen leiden am meisten, während ältere Colombard-Reben sich noch halten. Forgeron bemerkt jedoch, dass er seit Jahren keine derartige Dürre mehr erlebt habe.
Ertragserwartungen
Die Ertragsprognosen variieren. Das Netzwerk der Handelskammer schätzt rund 92 Hektoliter pro Hektar, während BNIC Werte zwischen 70 und 90 Hektolitern pro Hektar angibt. In diesem Jahr hat BNIC den maximalen Ertrag auf 7,65 Hektoliter reinen Alkohols pro Hektar gesenkt, was die Erzeuger zwingt, ihre Erwartungen anzupassen.
Sowohl Forgeron als auch Caillaud stimmen darin überein, dass mindestens 30 mm Regen nötig wären, um die Erträge deutlich zu steigern. Selbst dann wären die Zuwächse wahrscheinlich auf 5–6 hl/ha begrenzt. Forgeron meint, dass 30–40 mm Regen zum richtigen Zeitpunkt die Aussichten verbessern könnten, allerdings bestehe dabei auch das Risiko, dass die empfindlichen Beeren aufplatzen oder Fäulnis entsteht, insbesondere nach wochenlanger Sonneneinstrahlung.
Zunehmender Krankheitsdruck
In Folle-Blanche-Weinbergen wurden bereits letzte Woche Anzeichen von Botrytis beobachtet – ein besorgniserregendes Zeichen, da feuchte Bedingungen das Krankheitsrisiko erhöhen würden. Caillaud bleibt jedoch vorsichtig optimistisch und betont, dass der aktuelle Gesundheitszustand der Weinberge allgemein gut sei und der Befall mit Traubenwicklern gering. Sie räumt ein, dass Folle Blanche von Natur aus anfälliger für Fäulnis sei, während Ugni Blanc widerstandsfähiger bleibe.
Ein heikles Gleichgewicht steht bevor
Die bevorstehende Weinlese steht die Cognac-Region vor einer heiklen Herausforderung. Zu wenig Regen mindert den Ertrag, zu viel hingegen kann die Gesundheit der Trauben gefährden. Im Laufe der Saison bereiten sich die Winzer auf eine der unberechenbarsten Ernten der letzten Jahre vor – eine, die möglicherweise in die Reihe der frühen Jahrgänge 2003, 2011 und 2022 aufgenommen werden wird.
Quelle: Vinetur